Einführung
Goldhandel in PeruWie die Schweiz schmutziges Gold zum Glänzen bringtGeschichten aus Peru
Der Boom geht ungeachtet weiter. Ein Augenschein im peruanischen Madre de Dios, wo sich Bergbau- und kriminelle Aktivitäten überschneiden und die Behörden vielfach machtlos sind.
Zwischen legal und illegalDer peruanische Interoceanic Highway
"Nur wenige von uns können dort legal arbeiten", sagt der Minenarbeiter Juan Ttamiña. "Also bleibt nur die andere Seite."
Die schwache Strafverfolgung in weiten Teilen der Region bedeutet, dass die Situation nicht so eindeutig ist, wie es die Autobahn und die Beteuerungen der Regierung nahelegen. Die lasche Durchsetzung der Schürfvorschriften hat hier zu einem weit verbreiteten illegalen Abbau geführt, der wiederum für die grossflächige Waldrodung und Quecksilberverschmutzung verantwortlich ist.
Es ist jedoch schwierig, dreckiges Gold zu identifizieren. Kriminelle Netzwerke und illegale Bergleute versuchen oft, die Herkunft ihres Goldes zu verbergen, indem sie es mit legal gewonnenem Gold vermischen. Das sagten verschiedene Schürfer, Händler und Strafverfolgungsbeamte gegenüber swissinfo.ch. Schweizer Firmen haben deshalb Mühe, festzustellen, ob sie nun sauberes oder dreckiges Edelmetall importieren.
Einige Unternehmen haben bereits aufgegeben. Vor rund einem Jahr stellte der Schweizer Verarbeiter Metalor die Zusammenarbeit mit Goldförderungsfirmen in Lateinamerika komplett ein. Die Entscheidung fiel, nachdem peruanische Zollbeamte zahlreiche Goldbarren vom lokalen Exporteur Minerales del Sur beschlagnahmt hatten, die für Metalor bestimmt waren. Die Behörden vermuteten, dass die Fracht auch illegal bezogenes Gold aus Madre de Dios enthielt.
Operation Mercury
Es richtig machen
"Ich versuche, es richtig zu machen"Bergarbeiter Juan Ttamiña
Das Stück Land, das er bearbeiten darf, befindet sich im Bergbaukorridor. Das ist eine Fläche von rund 500'000 Hektar, was rund 1 Million Fussballfeldern entspricht. Dort darf Gold geschürft werden, sofern die Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden.
Anforderungen für die Zertifizierung
Um zertifiziert zu werden, muss Ttamiña nachweisen, dass er gerodete Gebiete aufforstet und quecksilberfreie Bergbautechniken anwendet. Er verwendet dafür einen behelfsmässig gebauten Goldschütteltisch, der die Goldstücke ohne Einsatz von Quecksilber vom Schmutz trennt.
Doch er und seine Familie blieben sich treu, schufteten. Ihre harte Arbeit zahlte sich aus. Während sie in der Anfangszeit nur ein paar Schubkarren und lottrige Wasserpumpmotoren hatten, beschäftigt der rund 50-jährige Ttamiña heute 22 Mitarbeiter, die mit modernen Baggern das Erz abbauen und dieses mit Lastwagen aus dem Schürfgebiet transportieren.
"Der Ertrag ist nicht immer derselbe, heute könnte es mehr sein, aber es war auch schon weniger", erklärt Ttamiña, als gerade zwei Arbeiter eine anstrengende Acht-Stunden-Schicht beenden. Sie schlafen vor Ort in einer einstöckigen Wohnbaracke aus Backstein.
"Sie behandeln uns wie Kriminelle, aber die Regierung weiss, wer kriminell ist und wer nicht."
Der Schwarzmarkt
Ehemaliger Bergarbeiter Walter BacaWie der Schwarzmarkt funktioniert
Das Gesetz umgehen
Als wir ihn in Huepetuhe treffen, lehnt es Baca ab, sich zu diesen Vorwürfen zu äussern. Aber er sei bereit, über seine Erfahrungen im Goldhandel und seine Erkenntnisse daraus zu sprechen.
"Der grösste Rechtssünder ist der, der das Gold kauft", sagt er. "Die Goldschürfer müssen illegal arbeiten, weil sie Verpflichtungen gegenüber den Käufern haben."
Baca ist der Neffe von Gregoria und Cecilio Baca, einem Ehepaar, das zu den Pionieren der Tagbau-Goldmine von Huaypetue gehörte. Das Ehepaar, das gesamthaft 18 Schürfgrundstücke besass, wurde laut dem investigativen Newsportal Ojo Publico während vieler Jahre wegen illegalen Bergbaus und Geldwäsche strafrechtlich untersucht.
Walter Baca will sich nicht direkt zu den Vorwürfen gegen seine Verwandten äussern. Doch er erklärt, dass viele lokale Händler korrupt seien und Steuern hinterzögen. Er beschuldigte sie, den Markt zu manipulieren, indem sie Preise kontrollierten und Käufe nicht sauber abrechneten. Die Leidtragenden seien die Bergleute, die den Machenschaften der Händler oft hilflos ausgeliefert seien.
Auf die Frage, ob Metalor Kenntnis habe von den Machenschaften der Goldkäufer in Madre de Dios, teilte ein Sprecher gegenüber swissinfo.ch mit: "Nein. Wir kaufen kein Material aus dieser Region."
Der Sprecher erklärte auch, dass Metalor "sehr engagiert" sei, Peru im Prozess hin zu mehr Kontrolle und Legalität im Goldhandel zu unterstützen. Zugleich habe das Unternehmen seine Bedenken hinsichtlich der Rückverfolgbarkeit des Goldes bei den Behörden geäussert. "Alle Antworten, die wir im Laufe der Zeit von den verschiedenen Stellen erhielten, waren sehr beruhigend", schrieb der Sprecher in einer E-Mail. "Wir wurden aber enttäuscht", fügte er hinzu, "da sich herausstellte, dass der Regulierungs- und Durchsetzungsrahmen nicht stark genug ist".
"Menschen arbeiten auf der Flucht"
Baca erklärt, dass das Fehlen staatlicher Autorität vor der Operation Mercury den Bergleuten die Freiheit gegeben habe, nach Belieben zu operieren. Als die Preise stiegen, investierten viele in schwere Maschinen, um tiefer in den Dschungel vordringen zu können. Dabei wurden ganze Landstriche durch Quecksilber verschmutzt. Obwohl Peru im Jahr 2018 einen internationalen Vertrag zur Reduzierung der Quecksilberverschmutzung ratifiziert hat, wird das giftige Schwermetall noch vielerorts im Land eingesetzt.
Baca war selbst Goldschürfer, doch gab er auf, nachdem das Militär vor sechs Jahren seine Maschinen im Rahmen einer Aktion gegen den illegalen Bergbau in die Luft sprengte. Heute vermietet er unter anderem Maschinen an all jene Erzschürfer, die legal arbeiten wollen.
Viele Bergleute flohen auch, als sie von der Operation erfuhren. Über 200 Menschen wurden gefasst und verhaftet. Die Behörden beschlagnahmten und zerstörten Geräte im Wert von mehreren Millionen US-Dollar.
Baca erinnert sich an seine eigenen Erfahrungen in Huaypetue: "Als Goldschürfer arbeitet man immer mit dem Fluchtgedanken im Hinterkopf. Die Regierung könnte jederzeit das Lager bombardieren und die Ausrüstung beschlagnahmen. Deshalb arbeitet man wie verrückt. Die Strategie der Behörden ist unzureichend."
General Luis Vera, Direktor der Umweltdirektion der peruanischen Nationalpolizei, erklärt in einem Interview in Lima, dass seine Beamten viele zwielichtige Lokale in solchen Bergbaustädten gefunden hätten.
"Menschen werden misshandelt, und nicht selten verschwinden sie spurlos. Es existiert keine Autorität, kein Staat", so Vera. "Die Kontrolle haben die Bergbaubetreiber und ihre Aufseher."
"Manchmal hört man ihre Motoren in der Ferne", sagt Doris, eine Frau, die ein Hostel entlang der Strasse betreibt. Sie will nicht mit vollem Namen genannt werden. "Es gibt viel Gold dort draussen. An einem guten Tag können die Schürfer 1000 PEN machen." Das entspricht rund 290 Franken.
"Wir sind hinter den Unternehmen her, die das Gold kaufen und ihm den Anschein der Legalität verleihen."
Vertuschungen und Verschmutzung
Lügen, Vertuschungen und Umweltverschmutzung
Luftverschmutzung durch Quecksilber
Die Schweizer Verbindung
Der Weg des Goldes in die Schweiz
Impressum
Impressum
Impressum
Fotos: Sebastian Castañeda und Paula Dupraz-Dobias (zusätzliche Bilder von SDA-Keystone)
Grafiken: Kai Reusser und Alexandra Kohler
Videos: Sebastian Castañeda und Paula Dupraz-Dobias
Produktion: Dominique Soguel
Anhang: Metalors Antwort
Metalor-Sprecher im Interview
Metalor-Sprecher im Interview
Nach unserem Kenntnisstand wird die Untersuchung von Minerales del Sur durch die Behörden in Peru fortgesetzt. Da Metalor jedoch in keiner Weise angeklagt wird, kennen wir keine Details.
Hat sich die peruanische Staatsanwaltschaft seit der Beschlagnahme von 91 Kilo Gold im Jahr 2018 an Metalor gewandt?
Wir wurden gebeten, Informationen über die Geschäftsbeziehungen mit Minerales del Sur zu liefern und haben diesbezüglich alle erforderlichen Unterlagen (Vereinbarungen, Rechnungen, Nachweis von Banküberweisungen usw.) rechtzeitig vorgelegt.
War Minerales del Sur Ihrer Kenntnis nach über die Herkunft des Goldes informiert?
Unterlagen, welche jeder Lieferung zugeordnet sind, enthielten alle erforderlichen Angaben, einschliesslich der Minen, von denen das Material bezogen wurde. Wir haben keinen Grund zur Annahme, dass diese Informationen falsch waren, können dies aber nicht garantieren. Die Untersuchung wird das herausfinden.
Was sagen Sie zur Bekräftigung der Regierung, ihr Engagement für die Zertifizierung von Goldminenarbeiter in Madre de Dios zu forcieren? Wird Metalor ihren Entscheid, sich aus dem peruanischen Goldgeschäft zurückzuziehen, überdenken?
Wir begrüssen das sicherlich, aber das muss in echtes, nachhaltiges Handeln umgewandelt werden. Madre de Dios ist eine Region, aus der wir kein Material beziehen, und wir denken auch nicht, dass sich diese Haltung in naher Zukunft ändern wird. In Bezug auf Kleinbergbau-Minen sind wir jedoch offen für Optionen, doch es braucht hierfür Bemühungen von allen Beteiligten: Regierungsbehörden, Bergleuten, lokalen Behörden und NGOs. Bisher sehen wir das nicht.
Wie reagiert Metalor auf Kritiker wie den Gouverneur von Madre de Dios, die sagen, dass das Unternehmen den Schürfern beim Legalisierungprozess helfen sollte statt einfach die Importe zu stoppen?
Metalor hat diese Prozesse sehr unterstützt. Es ist der beste Weg für die Bergleute, einen fairen Preis für ihr Gold zu erzielen und damit ihre allgemeinen Arbeitsbedingungen zu verbessern, einschliesslich der Anwendung bewährter Verfahren, welche die Umwelt nicht verschmutzen. Metalor kann diese Verantwortung jedoch nicht selbst übernehmen. Wie oben erwähnt, muss dies eine konzertierte Anstrengung aller Beteiligten sein.
Wie viel wissen Sie über die Goldquelle Ihrer direkten Käufer? Wie transparent sind Ihre Quellen bezüglich der Herkunft des Goldes?
Siehe die obige Antwort zu den Unterlagen, die jede Sendung beinhaltet.
Haben Sie jemals Geschäftsbeziehungen zu Firmen abgebrochen, weil diese behaupteten, als Bergbauunternehmen mehr Gold zu produzieren als physisch möglich war? Wenn ja, welche Unternehmen?
Wir überwachen routinemässig, um solche Situationen zu vermeiden. Ja, wir haben die Beziehungen aufgrund von Compliance-Problemen eingestellt. Wir gehen hierbei keine Kompromisse ein.
Hat Metalor bei den peruanischen Behörden jemals Bedenken hinsichtlich der Herkunft des Goldes und der laschen Gesetze zu den Goldkäufen geäussert?
Ja, regelmässig seit dem Start des "Formalisierungsprozesses" für die Schürfer und Händler. Alle Antworten, die wir im Laufe der Zeit von den verschiedenen Stellen (Minenminister, Activos Mineros, Formalisierungsbüro, Sunat) erhielten, waren sehr beruhigend. Wir wurden aber enttäuscht, da sich herausstellte, dass der Regulierungs- und Durchsetzungsrahmen nicht stark genug ist.
Wissen Sie, wie die grossen Goldkäufer in Madre de Dios zusammenarbeiten und ob sie untereinander einkaufen und Gold kombinieren können?
Nein. Metalor kauft kein Material aus dieser Region.