Intro
Do it Yourself"Das Grosse zeigt sich im banalen Wollpullover"Sibilla Bondolfi (Text), Ester Unterfinger (bilder)
Boom
Boom (nicht nur) dank Corona
Diese Beobachtung teilt Konrad Kuhn, Assistenzprofessor der
Europäischen Ethnologie an der Universität Innsbruck. "Die Leute hatten mehr Zeit, zumindest diejenigen, die ins Homeoffice konnten", erklärt er. Als Ausgleich hätten viele angefangen, Brot zu backen.
Dass Mehl und Hefe mancherorts bald ausverkauft waren, hat laut Kuhn auch mit einem Phänomen zu tun, das nahe zur Prepper-Bewegung steht: Angesichts von Krisen wie der Pandemie, der Klimaerwärmung oder des Ukraine-Kriegs wollten die Menschen vorbereitet sein. "Vorbereitetsein und Selbermachenkönnen haben Konjunktur", so Kuhn.
Kapitalistische Logik
Kapitalistische Logiken trotz Kritik an Konsumgesellschaft
Geschichte
Menschen legten immer schon gerne selbst Hand an
Einerseits ging es um die Frage der Verfügbarkeit: Gerade auf dem Land gab es zuweilen keine Möglichkeit, die Dinge im Laden vor Ort zu kaufen. "Wer in der DDR eine coole Jeans wollte, musste sie selbst nähen", ergänzt Kuhn.
Laut Kreis steckten manchmal auch gesellschaftlicher Erwartungsdruck hinter dem Selbermachen. Gerade im deutschsprachigen Raum herrschte laut der Historikerin die Vorstellung vor, eine gute Mutter versorge die Familie mit selbstgekochtem Essen und stelle Gästen nicht eine Fertigpizza hin. "Oder ein Mann mit zwei linken Händen galt nicht als richtiger Mann", so Kreis.
Manchmal wurden Dinge schlicht aus ökonomischer Notwendigkeit selbst hergestellt, vor allem Essen und Kleider.
Kleine Geschichte des Selbermachens
Mit der Industrialisierung wurden zwar manche Arten des Selbermachens verdrängt, weil es die Dinge neu zu kaufen gab. Gleichzeitig entwickelten Unternehmen aber Waren, Zutaten und Werkzeuge, die das Selbermachen gewisser Produkte erleichterten. Dr. Oetker etwa entwickelte ein Backpulver zum Kuchenbacken und bot – sehr zum Verdruss der Konditoren – Backkurse für Laien an, Singer und Bernina verkauften Nähmaschinen für den Heimgebrauch und Weck vertrieb erfolgreich Einkochgläser.
Ökologie
Ist Selbermachen ökologischer?
So ist Selbermachen nachhaltig
Wir haben bei Greenpeace und WWF nachgefragt, wann Selbermachen aus ökologischer Sicht sinnvoll ist. Als Faustregel lässt sich sagen: Ökologisch sinnvoll ist Selbermachen, wenn möglichst wenig Inhaltsstoffe und Energie verwendet werden, wenn Reste verwertet werden oder Altes repariert wird und wenn bei den Materialien auf eine ökologische Produktion geachtet wird. Auch die eingesetzte Energie ist entscheidend: Muskelkraft oder Ökostrom sind besser als Strom aus Kohlekraftwerken, Diesel oder Erdgas.